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Verlockende Süße
von Susi Mayer
Karies gab es bereits vor 12,5 Millionen Jahren
Karies trat nicht erst – wie bisher angenommen – vor 10 000 Jahren erstmal auf, als die Menschen sesshaft wurden. Vielmehr litten Menschenaffen bereits vor 12,5 Millionen Jahren an der vermeintlichen Zivilisationskrankheit, wie neue Funde nun belegen.
Seit etwa zehn Jahren vermuten Wissenschaftler, dass die menschliche Veranlagung für Zivilisationskrankheiten wie Fettleibigkeit, Gicht, Diabetes und Bluthochdruck in der gemeinsamen Evolutionsgeschichte von Menschen und Menschenaffen begründet sei. Was uns und unseren Verwandten im Gegensatz zu anderen Affen fehlte, war das Enzym Uricase. In vielen Organismen wird die Harnsäure durch dieses Enzym abgebaut. Jedoch, so die Vermutung der Forscher, mutierte Uricase vor 15 Millionen Jahren mehrfach. Als Folge kam es zum Knock-out der Funktionen und somit zu einem permanent erhöhten Harnsäurespiegel. In der Folge nahm auch der Körperfettanteil zu. Dass diese Theorie stimmt, haben nun die Paläontologen Prof. Dr. Madelaine Böhme und Jochen Fuß sowie der Chemiker Gregor Uhlig wissenschaftlich belegt.
Gib dem Affen Zucker
Sie untersuchten 12,5 Millionen Jahre alte Zähne eines Unterkiefers, der vom Dryopithecus carinthiacus stammte. Der älteste Vertreter der afrikanischen Menschenaffen und des Menschen. Ein Ergebnis, mit dem die Wissenschaftler so nicht gerechnet hatten. Denn bisher wurde immer vermutet, dass Karies erst mit der Entstehung des Ackerbaus vor etwas 10 000 Jahren kam und sich hauptsächlich durch den erhöhten Konsum von stärkehaltigen Lebensmitteln entwickeln konnte. Gib dem Affen Zucker, könnte man nun anhand der neuen Befunde sagen. Denn die primäre Bildung auf der intakten Schmelzoberfläche weist auf eine stark kariogene Ernährung des Dryopithecus carinthiacus hin und ist eben auf einen hohen Zuckerkonsum zurückzuführen.
Mehr Power dank Zucker
Für den Dryopithecus carinthiacus war die Kombination aus Zucker und fehlendem Enzym von Vorteil. In einer Umgebung, in der Fruktose und andere kurzkettige Kohlenhydrate nur saisonal verfügbar sind, ermöglichen hohe Harnsäurespiegel eine beschleunigte Ansammlung von Fettreserven und eine effektivere Nutzung der erreichbaren Nahrung“, heißt es in der Studie. Böhme erklärt, dass neben den Fettreserven ein stabil hoher Blutdruck während der Hungerphasen ein wichtiger selektiver Vorteil der Menschenaffen gewesen sein könnte.
Die fruktosehaltige Ernährung könnte eine wichtige Auswirkung auf unser Derzeitiges Stoffwechselsystem genommen haben, vermuten die Forscher. Denn noch heute sind die Ernährungsänderungen während der Homionidenevolution in unserer Physiologie zu finden. Die Auswirkungen sind jedoch inzwischen andere. Böhme bringt es auf den Punkt: „Wir tragen noch heute ihr Erbe in uns. Dieser Vorteil ist jedoch in einer Welt industriell gefertigter Nahrungsmittel in ein Handicap umgeschlagen.“
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